Wie ein heftiger Tritt ins Kreuz

Porsche Taycan Turbo S in Mambagrün mit 761 PS und 21 Zöllern.

Von unserem Redakteur Alexander Rülke Sportwagenfahrer sollten sich hüten, gegen dieses Auto beim Ampelsprint anzutreten – sie werden verlieren. Nahezu alle. Auch in Sachen Durchzug dürfte es nur wenige Autos geben, die schneller sind als der Taycan. Grund: Zur Markteinführung bringt Porsche erstmal die beiden stärksten Varianten des 4,96 Meter langen Allradlers an den Start. Die (natürlich turbolosen) Elektromodelle heißen Turbo und Turbo S und sind mit unglaublichen Leistungswerten ausgestattet. Die Topversion kommt auf 761 PS und 1050 Newtonmeter Drehmoment. Letzteres liegt E-typisch unmittelbar an – schon kleinste Zuckungen mit dem rechten Fuß werden in Vortrieb umgesetzt. Und wer das Pedal durchdrückt, dem versetzt der Taycan einen heftigen Tritt ins Kreuz. Die Beschleunigung ist brutal – für manch Beifahrer sicher hart an der Schmerzgrenze.  

PORSCHE: Mit dem elektrischen Taycan geht der Autobauer neue Wege

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Im Taycan-Cockpit gibt es kaum noch klassische Knöpfe und Schalter, stattdessen eine voll digitale Bedienlandschaft. Fotos: Porsche

Und die Zahlen belegen das subjektive Empfinden: In 3,2 beziehungsweise 2,8 Sekunden rennt der immerhin 2,3 Tonnen schwere Bolide auf 100, bei 260 km/h wird elektronisch abgeregelt. So weit, so gut. Schließlich ist der Taycan ein Porsche. Und da gehört Dynamik zur Markenidentität. Doch was hat der mindestens 152 136 Euro teure Wagen noch zu bieten?

Maximal 450 Kilometer
Der Strom für den Taycan (Verbrauch: 26,0 bis 26,9 kWh, CO2-Emission: 0 g/km) wird in einem riesigen, mehrere hundert Kilo schweren Batteriepaket gespeichert, das sich zwischen den Achsen befindet. „Wir haben es so weit unten wie möglich platziert“, sagt Baureihensprecher Michael Stange. „Damit liegt der Schwerpunkt tiefer als beim 911.“ Der Energiegehalt liegt bei 93,4 kWh – was im besten Fall Reichweiten von 412 bis 450 Kilometer ermöglichen soll. Eine neuartige 800-Volt-Systemspannung garantiert laut Stange hohe Dauerleistung und reduzierte Ladedauer. Apropos: Wie lange muss der Bolide ans Netz? Wer zu Hause mit einer 11 kW Wallbox (Wechselstrom) lädt, muss mit rund neun Stunden rechnen. An den neuen, öffentlichen Ionity-Schnellladesäulen geht es deutlich flotter: In fünf Minuten steht laut Porsche Power für 100 Kilometer bereit. „Und im besten Fall sind in 22,5 Minuten 80 Prozent des Akkus wieder voll“, sagt Michael Stange. Aktuell gibt es rund 150 Ionity-Ladesäulen, 60 befinden sich im Bau, bis 2020 sollen es europaweit 400 werden. Stange: „Momentan kommt pro Tag eine Säule neu dazu.“

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Die Tankklappe wird mit einem kleinen Hebel geöffnet.

Beifahrer-Display
Man sitzt sportlich tief im neuen Taycan – und ist umringt von digitalen Welten. Die leicht gebogene, frei stehende Anzeigetafel im Cockpit kommt ohne Sonnenschutz-Höhle aus. Und trotz Lenkradüberdeckung ist alles gut ablesbar. Ein 10,9 Zoll großes Display sitzt in der Mitte des schnörkellosen Armaturenträgers, darunter befindet sich die Steuerungseinheit unter anderem für Klimaanlage, Sitzheizung und Fronthauben-Öffnung. Beim Drücken der Oberflächen-Symbole bekommt der Nutzer ein haptisches Feedback. Eine induktive Ladeschale gibt es natürlich auch, allerdings wird das Telefon nicht horizontal eingelegt, sondern an die Innenseite der Armauflage geklemmt.

Absolute Neuheit ist aber der optional erhältliche Bildschirm für den Beifahrer, der sauber integriert ist und den Co-Piloten noch besser am Geschehen teilhaben lässt. Nicht so gut gelungen ist der rechts hinterm Lenkrad und damit außerhalb des Blickfelds liegende Gangwahl-Hebel. Auch die Raumökonomie könnte bei solch einem großen Auto besser sein – und ins (hintere) Gepäckabteil passen gerade mal zwei Handgepäck-Trolleys und zwei Laptop-Taschen, dann wird es bereits eng.

Range Modus
Wirklich erstaunlich ist, wie sportlich man den schweren Wagen bewegen kann, denn er ist nicht nur geradeaus irrwitzig schnell, sondern lässt sich auch flott über kurvenreiche Strecken dirigieren. Michael Stange: „Beim neuen Taycan kommt ein weiterentwickeltes Panamera-Fahrwerk zum Einsatz. Zudem verfügt er über Hinterachslenkung, Wankstabilisierung und eine Dreikammer-Luftfederung mit Dämpferregelung.“ Unterstützt werde der Fahrer darüber hinaus von allem, was der Markt momentan an elektronischen Assistenten hergibt, so Stange weiter. Ganz neu jedoch ist der Fahrmodus „Range“, der darauf abzielt, die Reichweite zu maximieren. Ist er aktiviert, wird unter anderem von 4WD auf 2WD umgestellt, die Klimaanlage in den Eco-Mode versetzt und die Aerodynamik angepasst. „Ein weiteres neues Feature ist der Charging Planner“, betont Michael Stange. Wer zum Beispiel eine Route wählt, die außerhalb der möglichen Reichweite liegt, bekommt eine optimale Ladestrategie vorgeschlagen, zudem optimiert das Navigationssystem die Routenführung. Schöne neue Autowelt. Und der Taycan ist bei Porsche erst der Anfang: Bis 2022 wollen die Stuttgarter rund sechs Milliarden Euro in die Elektromobilität investieren.