Flein: Wo der Storch Kinder im Brunnen holt

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Vor zwei Jahren sanierten Bürgerstiftung und Heimatverein den Leberbrunnen und stellten eine Infotafel mit Geschichten auf. Foto: Archiv/Veigel

Wiesen, Wälder, Wengert und Felder: Die Natur ist allgegenwärtig in Flein. Landwirtschaft und Weinbau haben Tradition – und das Leben der Gemeinde über Jahrhunderte geprägt. In den sonnenverwöhnten Lagen gedeihen Reben schon seit dem achten Jahrhundert nach Christus. Angebaut werden beispielsweise Riesling und Samtrot – Weine höchster Güte. So mag es kaum überraschen, dass Queen Elizabeth II. bei ihrem Deutschlandsbesuch im Jahr 1965 beim Festbankett eine Fleiner Altenberg Spätlese kredenzt wurde. Noch weniger überraschend ist es, dass der ursprüngliche Spitzname der Fleiner ebenfalls mit dem Weinbau zu tun hat.   

Landwirtschaftlich geprägtes Dorf hätte es beinahe zum Heilbad gebracht

Fleinamar Hoapa
Hoope, Häaple oder Hoapa: So heißen die Fleiner. Ihr Spitzname steht für das Sinnbild der Wengerter – die Hape, ein kleines wie eine Sichel gekrümmtes Messer, das die Wengerter in früheren Zeiten in einer eigens dafür vorgesehenen Seitentasche ihrer Hose trugen. Die Hape ist zwischenzeitlich längst von der Rebenschere abgelöst worden. Diesen Necknamen, den tragen die Fleiner auch heute noch mit Stolz. Weit weniger stolz sind sie auf zwei weitere Necknamen jüngeren Datums.
   

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Knackwurstfresser
Wann den Fleinern diese Titulierung zugedacht wurde, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Der Ursprung allerdings dürfte darin liegen, dass es Bauern und Wengerter nach einem langen Arbeitstag nach einem zünftigen Vesper verlangte – und dabei durfte natürlich Wurst nicht fehlen.

Reddich
Jüngeren Datums ist der Fleinamar Reddich. Angehängt wurde der zwar nur einem Fleiner. Arbeitskollegen im benachbarten Heilbronn hatten sich immer wieder köstlich darüber amüsiert, dass jener Fleiner in jeder Vesperpause seinen mitgebrachten Rettich aß. Trotzdem brachte es der Spitzname zur Allgemeingültigkeit. Das geht so weit, dass die Fleiner zur Kerwezeit immer wieder gefragt werden: „Na, habt ihr eure Rettichkuchen schon gebacken?“

Zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert hätte es Flein fast geschafft, zum Heilbad zu werden. Das hatten sie ihrem Leberbrunnen zu verdanken, dessen Quellwasser Heilkräfte zugesprochen wurden.

Bad Fleyn
Von dessen Nutzen war besonders der Heilbronner Stadtarzt Christoph Eysenmenger überzeugt, der 1632 ein Buch darüber schrieb. Darin finden sich elf nachgewiesene Heilungen. Deshalb plante der Rat der Stadt, zu dem das Dorf bis zum Jahr 1803 gehörte, die Errichtung eines richtigen Badehauses, das die alten aus Holz ersetzen sollte. Kurz bevor das Projekt verwirklicht werden könnte, brach er 30-jährige Krieg aus – und das Projekt wurde auf Eis gelegt. Wie Eysenmenger verfolgten auch dessen Nachfolger das Projekt. So schrieb Stadtarzt Johann Matthäus Faber „vom Jahre 1633 an begaben sich manche Badegäste während der Curzeit zu den Einwohnern des Dorfes Flein in Kost und Wohnung“. Mehr als 100 Jahre später wurde der Brunnen im Auftrag der Stadt Heilbronn neu gefasst. Der damalige Stadtarzt Friedrich August Weber beurteilte die Heilkraft des Wassers jedoch negativ, riet vom Ausbau der Brunnenanlage ab und verhinderte so den Aufstieg Fleins zum Kurort.

Kindlesbrunnen
Danach wurde der Leberbrunnen unter einem anderen Namen bekannt: Kindlesbrunnen. Hatten die Kinder früher ihre Eltern danach gefragt, woher denn ihre Geschwister kommen, antworteten diese: Die hole der Storch im Leberbrunnen und lege sie dann vor der Haustür ab.

Von unserer Redakteurin Ulrike Kübelwirth
  

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In Flein gibt es zwei Regionalbuslinien, die mehrere Haltestellen in der Gemeinde bedienen und die eine direkte Verbindung in die Heilbronner Innenstadt ermöglichen. Auch in weitere Gemeinden im Kreis Heilbronn gibt es dadurch Verbindungen. Durch die Regionalbusse werden Ilsfeld, Beilstein, Talheim, Lauffen und Neckarwestheim erreicht. Zusätzlich fahren auch die Stadtbusse und eine Nachtbuslinie nach Flein. Dadurch gibt es pro Stunde mehrere direkte Verbindungen in die Heilbronner Innenstadt. Dort bestehen weitere Umsteigemöglichkeiten auf andere Stadtbusse, die Stadtbahn oder verschiedene Regionalzüge. red

Ortswappen zeigt „Veit im Häfele“

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Das Fleiner Wappen zeigt auf blauem Grund gold-rote (gelb-rote) Flammen und einen goldenen (gelben) Kessel. Darin sitzt der unbekleidete, betende heilige Veit („Veit im Häfele“). Das Wappen stellt die Folterszene des heiligen Veit dar, einem zwölfjährigen sizilianischen Jungen, der für sein Bekenntnis zum christlichen Glauben grausame Martern über sich ergehen lassen musste. Er wurde in einen mit siedendem Öl gefüllten Kessel geworfen, überstand aber die Qual.

Das Fleiner Ortswappen stammt vermutlich aus der Zeit um 1500. Seine bisher älteste Darstellung findet sich auf einem Stein aus dem Jahre 1604 neben dem Eingang des alten Rathauses und auf einem Markungsstein von 1699. Die Farben des seit dem Jahre 1903 auch in den Gemeindesiegeln nachgewiesenen Bildes wurden 1938 bestimmt. Die Gemeinde hielt an diesem religiösen Motiv fest, obwohl ihr von nationalsozialistischer Seite seine Entfernung nahegelegt worden war.
Das 1956 endgültig festgelegte Wappen wurde vom baden-württembergischen Innenministerium am 11. Januar 1957 anlässlich der Flaggenverleihung bestätigt. red